Gedichte Syelle Beutnagel

Farben

Gedichte, Literatur, Lyrik

Ich steh im Regen.

Steh in einem Wald aus Düsternis.

Ich schließ die Augen zu.

Da fühl ich mein Herz klopfen.

Ich horche hin

Und mit jedem Schlag

Fliegt ein bunter Schmetterling davon.

Lang steh ich im Regen.

Lausche meinem Herzschlag,

Bunte Flügel mag ich schweben sehen.

Ich öffne meine Augen –

Und siehe – ein Regenbogen.

Gemalt

Gedichte, Literatur, Lyrik

Worte malen in meinem Geist ein Bild.

Ein dunkler Grund; Blätter entrollen sich.

Hellstrahlend-weiß erblüht

Mit Pinkfarbenen Streiflichtern und 

Orange-gelben Stempel ein Blütenkelch.

Duft entströmt allmählich um und um die Blätter.

Von allem etwas:

Schatten, Sonne, Süße, Schwere, etwas Liebe,

Mein Leben wie eine weiße Lilie vor dunklem Grund.

27.10.2018

 

Verloren

Gedichte

Mich aber rief der Ruf der Krähe wach.

Und ich begriff die unendlich tiefe Stille.

Fernab aller Menschen

Hörte ich nur mein eigenes Herz

Laut und lauter schlagen.

Da weckte mich der Ruf der Krähe.

Ich stieg abwärts.

Tief und tiefer.

Schließlich fand ich

Dich und mich wieder.

16.10.2018

Innen und außen

Gedichte, Literatur, Lyrik

Grau umhüllt Regengewölk

Die Welt ganz ein.

Ganz roll ich mich ein,

Entziehe mich der Welt,

Zieh, mit einem Lächeln,

In mein Herz hinein – 

Und siehe: finde gespiegelt dort

Mein Lächeln, finde dich

In meinem Herzen wieder.

13.09.2018

Weimar ’99

Gedichte

I

Schatten vergangener Zeiten erheben sich neu, und alter/

Glanze erglüht zu noch hellerem Licht als jemals zuvor.

 

II

In hellstem Aufruhr fand ich alles hier.

Auf Straßen, Plätzen schwirrte Bienenvolk.

Doch größtes Schwirren, Summen nur in mir,

Als ich ihn fand, den heil’gen Ort.

22.7.1999

 

III

Abschied

Heut‘ verlaß ich diese Stadt,

Doch im Geist, im Geiste kehr ich wieder.

23.7.1999

IV

Narziß

Seh ich einen Krokus blühen,

Seh ich gleich das Spiegelein dazu.

Doch seh ich nur die weißen Blüten stehn,

Das Herz, das Herz, das bleibt ja zu.

23.7.1999

V

Prolog

Skizzenhafte Schemen konnt‘ ich sehen,

Ihre Seelen, ihre Leben konnte ich erleben,

Ihre Worte, die wollt‘ ich hören.

Hören konnte ich sie nicht, nicht meine eigenen.

Und wenn, dann konnte ich sie nicht leiden.

___________

Doch Fehler genannt, ist er gebannt.

Dieses Hoffen heißt Sehnen

Nach weit besseren Segen.

So such ich auf anderen Wegen

Und will sehen, ob Fortuna mich weist,

Ob Hebe mir spendet jugendlichen Geist,

Ach, daß niemand weiß, was es heißt,

Allein, allein auf der Suche nach frischem Geist.

Weimar 1999

 

Gedichte Syelle Beutnagel

Geträumt

Gedichte, Literatur, Lyrik

Du fragst mich, was ich liebe.

Ich liebe dich.

Was ich mag, fragst du?

Bei dir sein.

Was ich mir wünsche?

Nichts. Außer

Von dir geliebt.

Wie eine Blume

Mit zwei Knospen.

Jede für sich erblüht.

Die gleichen Wurzeln.

Jede Blüte ergänzt das Bild.

13.4.2018

Der Geist des weißen Pferdes

Literatur, Lyrik

Meine Gedanken fliegen auf deinem Rücken davon.

Deine Hufe fliegen über den Sand und es scheint,

Als schwebten wir zwischen Wüste, Himmel und Meer.

Du trägst mich nach vorn und in die Vergangenheit.

Mein weißer Freund versprüht den Geist des weißen Pferdes.

Und mir ist als könnt‘ ich Teil sein,

Teil sein der Erinnerung,

Der Erinnerung des einstigen weißen Pferdes,

Das ich nicht gekannt. Und doch ist es mir,

Als kennte ich es.

Entstiegen einer Erzählung, einem Bild.

Nun ist dieses Bild in mir.

Meine Gedanken denken dich,

Meine Gefühle fühlen wahre Erinnerung,

Im Wind, in der Wüste, am Meer.

Ich schmecke die salzige Luft noch.

Ich sehe die Mähne im Wind fliegen

Und sehe die Mähne fliegen die Straße entlang

Läuft im Winter mein geliebter Freund,

Zieht einen Schlitten, darauf ein Kind,

Das sich freut. So freut sich im Sommer

Mein Freund über die Kühle des Hausflures.

Ach, diese Freundschaft hat die Zeit überdauert.

Seltsam dieser Geist des weißen Pferdes,

Wie ein Windhauch, ein flüchtiger Gedanke.

Und doch in seiner Schönheit so stark.

 

In einem japanischen Park 1 – Fantasie

Gedichte, Literatur, Lyrik

Scheinbar unsichtbare Fäden verbinden

Aufblitzende lebensfrohe Sterne,

Halten zusammen, was aufsprühend davon will,

Spindeldürre Strassen suchen zu kombinieren,

Es wächst sich, davonfliegend und gehalten,

Ein Geistesblitz, ein Busch ein Ganzes zusammen.

Denk die nur, eine Windböe flatterte durch den Bambus-Strauch.